31. Januar 2018

Herbst 2017: Der Schwan


Bereits der Blick auf das Cover dieses Bilderbuchs zeigt dessen unglaubliche Stärke: Außergewöhnlich feine und eindringliche Illustrationen der Kanadierin Julie Morstad beschreiben das emotionale Leben und Wirken der Ballerina Anna Pawlowa. Für dieses Buch tauchte sie tief in die damalige Zeit und russische Gesellschaft ein. Sie fand einen eigenen Stil, um die besondere Persönlichkeit darzustellen. Der sterbende Schwan war Pawolowas populärste und eindrücklichste Rolle. Die feinen Striche und gedeckten Farben beschreiben wundervoll das Innenleben und den Anmut der jungen Tänzerin und bieten Raum für eigene Interpretationen. Die Bilder sind so stark, dass sie eigentlich keine textliche Beschreibung benötigen und doch bieten die kurzen, lyrischen Textpassagen von Laurel Snyder die Möglichkeit, dass auch junge Leser und Zuhörer den Inhalt der Bilder nachvollziehen können. Sie werden umso verständlicher, wenn man sich zuerst den biografischen Fließtext am Ende des Buches durchliest. Eine wundervolle Schreibübung wäre das Verfassen neuer, eigener Texte zu den Illustrationen. Auf Grund der emotionalen Komplexität und grundlegenden Traurigkeit ist es in meinen Augen ein Buch für ältere Grundschulkinder und kleine Tänzerinnen. Hier geht es um Empfindsamkeit, Durchhaltevermögen und eine intensive Körperlichkeit.

Anna Pawolowa wächst in ärmlichen Verhältnissen in St. Petersburg am Ende des 19. Jahrhunderts auf. Bereits mit acht Jahren entdeckt sie ihre Leidenschaft für das Ballett und beginnt mit zehn Jahren ihre Ausbildung an einer der bekanntesten Schulen. Die Lehrer entdecken früh ihr Talent, so dass sie Dank harter Arbeit und trotz ihrer körperlichen Zartheit bald die Zuschauer in ihren Bann zieht. Sie durchlebt ihre Rollen beim Tanz, insbesondere die des sterbenden Schwans. Bald reichen ihr die Auftritte für die interessierte Elite nicht mehr und sie beginnt durch die ganze Welt zu reisen, um an außergewöhnlichen Orten für einfache Menschen zu tanzen und diese zu begeistern. Doch bei einer Reise im Schnee erkrankt sie und entschwindet von der Bühne und aus dem Leben. Nur ein paar vereinzelte Federn bleiben, die langsam zu Boden fallen. "Oh, denkt Anna. Wenn nur jeder Tanz mit solch wunderbarem Applaus enden würde."

Ein Buch zum Träumen und Tanzen.

Der Schwan
von Laurel Snyder (Text) und Julie Morstad (Bild)
aus dem Englischen von Elisa Martins: Swan
2017, NordSüd Verlag AG, Zürich, www.nord-sued.com
ab 8 Jahren

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