13. April 2015

Herbst 2014: Coco und das kleine Schwarze


Ein weiteres wundervolles Bilderbuch von der Nominierungsliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2015 hat erst jetzt mein Interesse geweckt, so dass ich es an dieser Stelle auf jeden Fall noch vorstellen möchte. Viele von uns kennen die bewegende Geschichte der Modeikone Coco Chanel, wie sie von ihren Kinderjahren im Waisenhaus bis in die feine Pariser Gesellschaft aufstieg und mit ihrem "Kleinen Schwarzen" der Emanzipation verhalf. Die niederländische Illustratorin Annemarie van Haeringen erreicht mit ihrem Bilderbuch zweierlei: Sie fasst einerseits die komplexe biografische Geschichte für Kinder verständlich zusammen und bringt ihnen andererseits die Design- und Nähwelt mit feinen, von Modezeichnungen inspirierten Bildern näher.

Das schmale Mädchen Coco muss furchtbar viel über sich ergehen lassen im Waisenhaus, doch hier erlernt sie auch ihre außergewöhnlichen Nähkünste. So arbeitet sie später als Näherin und nimmt sich vor, reich und berühmt zu werden. Den ersten Schritt schafft sie, indem sie bei einem "steinreichen" Freund einzieht und in dessen Schloss, die feine Welt und ihre Extravaganzen kennenlernt. Statt der einengenden Korsetts und weiten Röcke, näht sie sich hier erstmals eine Hose, mit der sie aufrecht auf einem Pferd reiten kann und viel Aufsehen in der Damenwelt erregt. Für ein Pferderennen entwickelt sie die ersten leichten und angenehmen Hüte, so dass sie schnell genügend Kundschaft für ihren eigenen Laden anzieht. Ihre neue Mode entwickelt sie weiter und bietet ein passendes Parfum für die Frau an. Schließlich entwirft sie (für jeden Geschmack) das "Kleine Schwarze", ein Kleid, "das zeigt, wie schön die Frau ist ..." und wird damit weltberühmt.

Ein Buch zum Selbstbewusstsein.

Coco und das Kleine Schwarze
von Annemarie van Haeringen
aus dem Niederländischen von Marianne Holberg
2014, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, www.geistesleben.de
ab 5 Jahren

Herbst 2014: Ein Apfelbaum im Bauch


Obwohl sich der Frühling mittlerweile bereits von seiner besten Seite gezeigt hat, möchte ich an dieser Stelle noch ein hinreißendes Bilderbuch aus dem Herbst-Programm vorstellen, welches soeben auf die Nominierungsliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2015 gesetzt wurde. Meine Begeisterung rührt eventuell daher, dass ich mich in seiner Aufmachung an ein Lieblings-Buch aus meinen Kindheitstagen erinnert fühle: "Hänschen im Blaubeerwald" von Elsa Beskow (1901). Doch der Inhalt zeigt, dass es eine zeitgenössische Geschichte beinhaltet, die von Retro-Illustrationen mit viel Charme bebildert wird. Die beiden französischen Macher, der Schriftsteller Simon Boulerice (Jahrgang 1982) und der Grafiker Gerard Dubois (Jahrgang 1968), kennen bestimmt auch noch andere Buch-Vorbilder aus dem vergangenen Jahrhundert.

Raphael isst jeden Tag einen Apfel und lässt dabei nur den Stiel übrig. Eines Tages weist ein Schulkamerad ihn darauf hin, dass er nicht die Kerne mitessen dürfe, weil ansonsten ein Apfelbaum in seinem Bauch wachse. Keine von Raphaels Überlegungen, ob denn überhaupt genügend Wasser, Sonne oder Fürsorge zum Wachsen da seien, kann diese schreckliche Vision aus dem Weg räumen. Vor lauter Angst, dass in seinem Bauch nun Äpfel wachsen, bekommt der Junge Bauchschmerzen und die Auswirkungen beginnen sich vor seinem inneren Auge zu zeigen: Sein Bauch beult sich aus und sein Körper verwandelt sich in einen Baum. Zu Hause schneidet ihm seine Mutter die zerzausten Haare, doch statt Blättern und Ästen befinden sich hinterher nur ein Haarsträhnen auf dem Boden. Als die Mutter ebenfalls keine Apfelbeulen am Bauch entdecken kann und ihrem Sohn erzählt, dass erst im Herbst die Apfelzeit beginne, ist Raphael beruhigt. Es ist erst Frühling, so dass er noch den ganzen Sommer spielen kann, bevor er sich eventuell in einen Apfelbaum verwandelt. Zur Sicherheit isst er ab sofort lieber Bananen, ohne Kerne!

Ein Buch zum Schmunzeln über die kindliche Imagination.

Ein Apfelbaum im Bauch
von Simon Boulerice (Text) und Gerard Dubois (Bild)
aus dem Französischen von Anna von Cramer-Klett: Un verger dans le ventre
2014, Diogenes Verlag, Zürich, www.diogenes.ch
ab 5 Jahren

4. April 2015

Frühjahr 2015: Das geheimnisvolle Ostergeschenk


"Ostern steht vor der Tür." Ein lustiges Wimmelbuch dreht sich um eine große Tiergesellschaft, die sich auf das allseits beliebte Osterfest vorbereiten. Die bunten Papp-Doppelseiten werden von einer kurzen Geschichte begleitet, die den kleinen Zuhörern ein paar Rätsel und Anhaltspunkte gibt. Nebenher kann jedoch noch viel mehr entdeckt werden!

Es beginnt alles in der Osterfabrik, in der kurz vor Schluss noch allerlei erledigt werden muss. Osterhase Klaus holt dort ein rotes Päckchen ab, dessen Weg wir auf den folgenden Seiten begleiten. Lauter bunte Ostereier werden auf Laster und in Flugzeuge geladen, doch Klaus winkt nur kurz und rennt weiter. Schnellen Schrittes durchquert er die geschäftige Stadt und auch auf dem Land sind alle schon ganz aufgeregt. Die große Wiese lässt er ebenfalls hinter sich - doch dann erreicht er endlich das große Osterhasenfest im Wald. Sein Sohn, Klein Kläuschen, öffnet dort das rote Geschenkpaket und findet darin einen Kuschelhasen.

Ein Buch zum Osternvorbereiten.

Das geheimnisvolle Ostergeschenk
von Anna Schaub (Text) und Natascha Rosenberg (Bild)
2015, NordSüd Verlag, Zürich, www.nord-sued.com
ab 2 Jahren

Herbst 2014: Hilda und der Schwarze Hund


Seit 2013 erscheinen die Hilda-Comics des Briten Luke Pearson auf Deutsch im Kindercomic-Programm des ambitionierten Berliner Reprodukt Verlags. Mit dem Band "Hilda und der Mitternachtsriese" wurde der Illustrator in seinem Heimatland berühmt und gewann bei den British Comic Awards 2012 den Preis für den besten Kindercomic. Seine Hilda-Geschichten haben mittlerweile Fans in allen Altersstufen und vielen Ländern, so dass sein viertes Buch "Hilda und der Schwarze Hund" mit Spannung erwartet wurde.

Erneut besteht das gewitzte Mädchen mit den blauen Haaren ein gefährliches Abenteuer in und um die skandinavische Stadt namens Trolberg, welche von lauter Phantasiewesen bevölkert wird. Als junge Pfadfinderin lüftet sie das Geheimnis hinter dem riesigen schwarzen Hund, der die Bewohner von Trolberg in Angst und Schrecken versetzt. Als Welpe wurde er von einem Hausgeist, einem Nissen, aufgezogen, bis er eines Tages von dessen Eltern in den Bergen ausgesetzt wurde. Da er in jungen Jahren gelernt hatte, die geheimen Wege und Räume der Nissen zu nutzen, konnte er sich auf der Suche nach seinem Freund unbemerkt in der Stadt bewegen. Schließlich gelingt es Hilda, Hund und Herrchen wieder zu vereinen und vor den Toren der Stadt in Sicherheit zu bringen.

Ein Buch zum Phantasieren.

Hilda und der Schwarze Hund
von Luke Pearson, Handlettering von Michael Hau
aus dem Englischen von Matthias Wieland: Hilda and the Black Hound
2014, Reprodukt Verlag, Berlin, www.reprodukt.com
ab 6 Jahren